Auszug INSEL DER NACHTIGALLEN 2

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… „Verstehe ich das richtig, Theresa? Bittest du mich gerade um eine Session?“ Seine volle Stimme klang eine Spur tiefer als sonst. Doch seine Miene blieb undurchschaubar.
Sie nickte beklommen und senkte den Blick.
Finger legten sich unter ihr Kinn und hoben es an. „Warum?“
Sie presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht sagen.“
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „So wird das nichts. Sprich mit mir oder wir lassen es bleiben.“
Sie fühlte ihr Herz rasen. Sie hatte es bis hierher geschafft. Jetzt durfte sie es sich nicht so kurz vor dem Ziel verderben. „Ich möchte … Ich möchte wissen …,“ Sie holte tief Luft, bevor sie weitersprach: „… ob ich dabei Lust empfinde.“ Mit hörbarem Zischen entwich die Luft aus ihren Lungen. Sie hob die Lider und kaute auf ihrer Unterlippe.
Er musterte sie prüfend. „Ist dir dieser Gedanke wegen des Ischiasnervs gekommen?“
„Nein, er rumort schon länger.“
„Ganz sicher?“
„Ja.“
Stephan schüttelte den Kopf und grinste. „Du zuckst doch schon, wenn ich dich ein bisschen härter anfasse, Theresa. Wie soll ich glauben, dass du es ernst meinst?“
Sie richtete sich auf und drückte den Rücken durch. „Dann werde ich mich nach einer anderen Möglichkeit umschauen.“

Innerlich zitterte sie vor ihrer eigenen Courage. Eine andere Möglichkeit – was war eine andere Möglichkeit? Vor allem, wo? Eine, die ihr keine Angst einjagte. Bei der nichts passieren konnte. Wie bei Stephan. Zu ihm hatte sie Vertrauen. Er würde wissen, wann es genug war. Aber wenn er sie nicht wollte?
„Gut“, hörte sie ihn sagen. Im selben Moment sank ihr das Herz in die Hose. „Freitagabend, zehn Uhr. Hier ist die Adresse.“ Er notierte etwas und reichte ihr den Zettel. Sein Blick wurde eindringlicher. „Sollte ich noch etwas wissen, was mir nicht sowieso schon aufgefallen wäre?“
Fieberhaft überlegte sie. Das einzige, was ihr in den Sinn kam, war die Sache mit dem Safeword.
„Ein Safeword“, flüsterte sie beinahe. „Ich brauche ein Safeword.“
Er lächelte. „Dein Safeword ist Sommer … Du bist informiert, wie ich sehe“, fügte er dann hinzu.

Sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Überhaupt hatte sie plötzlich das Bedürfnis, von hier zu verschwinden, bevor sie es sich anders überlegte. Sie erhob sich. „Ich muss los.“ Sie reichte ihm die Hand. „Danke.“’
Er hielt ihre Finger kurz fest. Es hatte den Anschein, als wolle er noch etwas sagen. Aber dann schwieg er doch und öffnete ihr die Tür …

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© Nora Amelie

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„Paris ist eine Offenbarung“, sagte Theresa, als er sein Champagner-Glas leise gegen ihres klingen ließ. „Ich könnte hier leben.“
„Bist du dir sicher?“
Sie nickte.
„Auch wenn es den Anschein hat, als gäbe es hier weitaus weniger Grün als in Berlin.“
„Es gibt hier weniger Grün als in Berlin. Und vor allem gibt es viele Menschen, viel Verkehr und wenig wirklich ruhige Ecken. Außer …“ Bedeutungsvoll unterbrach er sich und nahm einen Schluck vom Moet.
„Außer?“, wiederholte sie erwartungsvoll.
„Außer auf den Friedhöfen.“ Er zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Dort haben wir praktisch Totenstille.“
„Das kann mich nicht erschüttern.“ Sie lächelte.
„Ich weiß. Du liebst Friedhöfe.“
„Genau. Schauen wir uns morgen einen an?“
Er spießte ein paar Salatblätter auf seine Gabel und nickte.
„Das tun wir. Der auf Montmartre wird dir gefallen …“