Romanrecherche in Eis und Schnee 2

Während die Sonne um die Mittagszeit diese Winteridylle zaubert, zieht über der Ostsee hinterm Haus eine schwarze Sturmfront auf. Dieses Foto ist echt und kein Fake!

Heute geht’s um Romanrecherchen für »Die Schneemänner«. Konkret um das Schneechaos, in dem sich Jacob, Paul und Louisa kennen lernen. Denn auch das hab ich tatsächlich erlebt.

Zu Recherchen für diese Story bin ich im Januar an die Küste gefahren. Allerdings ohne zu wissen, was wirklich auf mich zukommt. Wer ahnt schon solche Katastrophen voraus und begibt sich freiwillig in Gefahr? Wenn die Reise in den Norden auch im Schnee stattgefunden hat. Aber den bringt der Winter nun mal mit sich. Schnee, Frost, graue Tage und viel Nebel. Alles normal. Hat was Mystisches, bei Eiseskälte im Nebel rumzulaufen ;-)

Am selben Tag etwa eine halbe Stunde zuvor. Shooting bei schönstem Sonnenschein. Das Meer ist beinahe glatt. Die Ruhe vor dem Sturm.

Leser haben oft nachgefragt, wo denn nun eigentlich das Hotel steht, in dem Louisa ihre Schneemänner kennengelernt hat. Ich kann euch verraten: Nicht dort, wo der Sturm tobte. Denn bei allem, was ich an Locations recherchiere, verfremde ich auch. So hat also der Sturm auf dem Darß getobt. Während sich das Hotel mit Pool, in dem Louisa regelmäßig ihre Runden dreht, mehr als einhundertfünfzig Kilometer weiter östlich befindet. Allerdings herrschte zu jener Zeit auch dort der witterungsbedingte Ausnahmezustand.

Aber kehren wir zurück auf’s so genannte Fischland, wo ich gerade noch damit beschäftigt war, ordentlich Lokalkolorit in mich aufzusaugen, als ich beim Einkaufen im Supermarkt bemerkte, dass die Einheimischen offensichtlich Lebensmittel bunkerten. Die Regale waren wie leergefegt, in den Einkaufswagen türmten sich die Waren. Die Stimmung wirkte irgendwie merkwürdig. An der Fleischtheke erfuhr ich schließlich den Grund. Die Wetterfrösche hatten Schneesturm angekündigt – ich meine, wer hört schon Nachrichten, wenn er auf Recherche ist. Ich hatte also von nix ne Ahnung. Aber ich hoffte, das Reetdachhaus, in dem ich Quartier bezogen hatte, wäre sicher. Immerhin stand es, so wie Pauls Haus, direkt hinter den Dünen.

Über die Tage verteilt hatte es immer wieder mal geschneit. Aber in der folgenden Nacht kam es tatsächlich richtig dicke. Der Vermieter, der jeden Morgen damit beschäftigt war, einen Fußweg zwischen Haus und Carport freizuschaufeln, hatte sichtlich Mühe mit dem vielen Neuschnee. Weil aber die Sonne schien, hielt ich es für einen ganz normalen Wintertag und poste bei bester Laune für ein paar Strandfotos. Aber seht ihr hinter mir die dunkle Wand? Auf den Fotos für die Schneemänner-Cover macht sie sich auch gut, oder? Ich finde immer, diese Bilder sehen total unwirklich aus. Die von der Sonne in Szene gesetzte traumhafte Winterwonderworld will so gar nicht zu dem schwarzen Himmel dahinter passen …

Am Tag vor dem Sturm. Ordentlicher Wellengang, aber noch fühlt sich alles nur nach einem kräftigen Wind an der See an. Seht ihr den breiten Strand?

Doch die schwarze Wand löste sich nicht in Wohlgefallen auf, sondern brachte einen Sturm, der sich gewaschen hatte. Nachmittags gegen vierzehn Uhr war es bereits stockdunkel. Ich suchte sämtliche Kerzen in der Ferienwohnung zusammen, weil ich mit einem Stromausfall rechnete. Und ich weiß nicht mehr, wie oft ich später angestrengt in die Dunkelheit starrte. Immer in der Angst, das Wasser könnte höher steigen und über den Deich laufen. Die Windgeräusche jedenfalls waren zum Fürchten und raubten mir den Schlaf.

Am nächsten Tag, einem Sonntag, war das Chaos perfekt. Der Verkehr auf dem Darß war zusammengebrochen, zahlreiche Orte von der Außenwelt abgeschnitten. Die beiden Küstenautobahnen versanken unter hohen Schneeverwehungen, in denen schon nachts hunderte Autofahrer steckengeblieben waren. Die Polizei riet davon ab, das Auto zu benutzen, der öffentliche Nahverkehr war längst eingestellt. Erinnert an das, was dieser Tage in den Alpen geschieht, oder? Vielleicht lag nicht ganz so viel Schnee, aber genügend, um die gesamte Küstenregion über mehrere Tage lahmzulegen.

Am Tag nach dem Sturm. Die aufgepeitschte Ostsee hat den Strand gänzlich geschluckt. Das Wasser frisst bereits an den Dünen …

Was tut man in einem solchen Fall? Abwarten, Tee trinken, vernünftig sein. Vor allem aber alle bisherigen Pläne über den Haufen werfen. Ich verlängerte meinen Aufenthalt und ging im Sturm spazieren. Als ich zwei Tage später dann doch die Heimreise antrat, war der Sturm noch so stark, dass auf der nördlichen Richtungsfahrbahn noch immer nichts ging. Trotz Räumfahrzeugen wehte sie ständig wieder zu. In Richtung Berlin hatten wir Glück, weil ein Schneepflug vor uns her fuhr. Wie viel Glück das aber wirklich bedeutete, wurde erst am Abend klar. Als dieselbe Autobahn wegen anhaltender Schneeverwehungen erneut unpassierbar geworden war. Glück im Unglück, würde ich sagen. Traumhafte Bilder und die Erinnerung an ein Schneechaos, das den perfekten Einstieg in »Die Schneemänner« bot.

Schaut euch gern auch den Buchtrailer auf YouTube an – die Fotos darin sind ebenfalls während dieser Recherchetour entstanden.

Romanrecherchen in Eis und Schnee 1

Ich bin gern zu Recherchezwecken unterwegs. Das wisst ihr spätestens seit meinem Schottland-Roman. Allerdings kann niemand so ohne weiteres erkennen, unter welch widrigen Umständen die manchmal stattfinden. Oder könnt ihr euch vorstellen, dass es lustig ist, bei minus 20° ein Fotoshooting durchzuziehen?

Doch, ist es. In dicken Klamotten jedenfalls. Deshalb gibt es auch dieses Bild von mir mit den etwas albernen Verrenkungen im Skianzug ;-) Es entstand am Neujahrsmorgen in der größten Wanderdüne Europas. Sie grenzt westlich an das kleine polnische Ostseebad Leba.

Die Ostsee erstarrt noch in Bewegung. Hier ein Wellental direkt vorm Strand.

Normalerweise ist Leba die beliebteste Sommerfrische für die Polen. Auch wegen der riesigen Wanderdüne. Doch am 1. Januar 2016 war dort keine Menschenseele. Bei minus 20° blieben die Silvesterberauschten wohl lieber im Bett. Der perfekte Moment also, um der Atmosphäre einer menschenleeren Wüste nachzuspüren.

In jenem Winter gab es keinen Schnee. Und bis zum 30.12. im Grunde auch nur graues Ekelwetter. Aber dann schlug die so genannte russische Kältepeitsche zu. Und da man in Leba, das etwa 500 km östlich von Berlin absolut ungeschützt an der Ostsee liegt, der russischen Grenze sehr nahe kommt, schlug sie dort wohl um so erbarmungsloser zu. Innerhalb von wenigen Stunden sank das Thermometer von knapp 10° über Null auf 10° unter Null. Nachts weiter auf minus 20°. Bei der Ankunft in Leba war der Hafen des beschaulichen Ortes noch eisfrei. Drei Tage lagen die Fischerboote bewegungslos im Eis. Sie waren eingefroren.

Das Seil im Vordergrund begrenzt die Gefahrenzone der Düne.

Für die schönsten Naturplätze gilt ja oft: Sie sind mit dem Auto nicht erreichbar. Die Sanddüne von Leba macht da keine Ausnahme. Man hat die Wahl zwischen einem 8 km und einem 16 km langen Fußmarsch am Strand entlang. Ich liebäugelte tatsächlich einen Moment mit dem längeren Weg. Aber am Ende tat es auch der Kürzere. Und bei dem kann man sogar schummeln und den größeren Teil der Strecke mit einem Elektrokarren zurücklegen ;-) Stellt ihn euch wie eine Art Lore vor. Zu allen Seiten offen, zugig. Wir froren erbärmlich und waren froh, als wir uns endlich wieder selbst bewegen mussten.

Aber warum genau tut man sich das an? Für mich ist Vor-Ort-Recherche die beste Inspiration. Ich brauche die Atmosphäre, um gut in die Story zu finden. Ich will wissen, wie der Ort der Handlung riecht. Wie es sich anfühlt, dort zu sein. Wie die Menschen ticken, die dort leben. Was sie glücklich macht und was traurig. Und was mich selbst mit diesem Ort verbinden könnte. Wenn ich durch die Straßen laufe, werde ich innerlich zu einem Protagonisten meiner Geschichte. Ich versuche, die Dinge mit seinen Augen zu sehen und mit seinem Herzen zu erfühlen. Was würde er tun, wenn er hier wäre? Und welche Auswirkungen hat das auf meinen Roman? Kann ich ihn so schreiben, wie ich es geplant habe? Oder habe ich plötzlich völlig neue Aspekte entdeckt, die ich berücksichtigen muss?

Was aus der Recherche in der polnischen Sahara wurde, wie die Wanderdüne von Leba auch genannt wird? Lest selbst. Hier ein Auszug aus dem Roman „Sand des Vergessens“, der 2016 erschien.

Die Wanderdüne erreicht eine Höhe von über 40 Metern.

Mir bleibt an dieser Stelle noch zu sagen, dass wir leider keinen heißen Tee dabei hatten und das Fotoshooting auch ziemlich kurz hielten. Zum einen, weil die Akkus unserer Kameras bei diesen Temperaturen innerhalb kürzester Zeit den Geist aufgaben. Und zum anderen, weil man sofort das Gefühl hatte einzufrieren, sobald man zum Stillstand kam oder gar die Handschuhe auszog, um die Kamera bedienen zu können. Der scharfe Wind ließ die minus 17° an jenem Tag wie minus 27 erscheinen …

Das war Teil 1 der Romanrecherchen in Eis und Schnee. Morgen lest ihr an dieser Stelle Teil 2. Dann über den Schneesturm, der für die Geschichte um »Die Schneemänner« zur Vorlage wurde.

Schneemänner Teil 12+13 erscheint später

Liebe Schneemänner-Fans,

das ist eine Entscheidung, die ich eigentlich nie treffen wollte. Immer bisschen enttäuschend, wenn der Erscheinungstermin eines Buches verschoben wird. Und bislang hab ich das vermeiden können. Jetzt allerdings muss ich zum ersten Mal auf euer Verständnis hoffen.

Der Jahreswechsel hat mich in meiner Kreativität ausgebremst. Trotz erhöhten Schokoladenkonsums. Manches ist nicht so gelaufen, wie ich gewollt hätte. Und dann hab ich gleich am 1.1. mein Vorhaben für dieses Jahr in die Tat umgesetzt und die Arbeit mit einer neuen Autorensoftware begonnen. Insbesondere das Erscheinungsbild der eBooks wird davon profitieren. Aber sich in neue Technik einzuarbeiten, bremst natürlich den Schreibfluss ebenfalls.

Nun bin ich endlich in Schwung gekommen. Die Geschichte nimmt Gestalt an. Doch den Zeitverzug kann ich leider nicht mehr wettmachen. Gerade das Finale dieses mehrteiligen Romans soll ein wirklich schönes werden, keine halbe Sache. Ich möchte, dass ihr begeistert seid.

Deshalb erscheint die voraussichtlich letzte Staffel der Schneemänner einen Monat später. Ich habe den Termin bei amazon um 30 Tage, also auf den 08.03.2019, verschoben. Sollte ich früher fertig sein, werden alle Vorbesteller automatisch auch früher beliefert. Ansonsten erfahrt ihr den aktuellen Stand der Veröffentlichung hier bzw. in den sozialen Medien.

In der Hoffnung darauf, dass ihr mir dennoch wohlgesonnen bleibt,

eure Nora

PS: Vielleicht ist euch in der Zwischenzeit der geheime SCHNEEMÄNNER-TALK ein kleiner Trost. Hier geht’s zu den ersten Gesprächen …