Der neue von E L James: THE MISTER

Achtung, Spoiler – überall im Text ;-)

Die Geschichte, die im neuen Roman von E L James erzählt wird, lässt sich mit wenigen Worten erklären. Reicher Weiberheld trifft arme Putzfrau und findet in ihr die große Liebe. So die Kurzfassung. Aber auch die Langversion hört sich nicht viel anders an: Vermögender englischer Adliger mit einem Faible für unverbindliche One Night Stands, entdeckt, dass Frauen nicht nur als Bettgespielin taugen, sondern auch zur Partnerin auf Augenhöhe – wenn man den sozialen Graben mal außer acht lässt.

Von dieser dürftigen Story abgesehen, gibt es im neuen Roman von E L James vor allem eines: Sehr viel Sex. Und zwar ab der Hälfte und dann 20 % lang (ich hab das eBook gelesen) nichts anderes mehr. Übrigens wenig romantisch und zum Gähnen langweilig. Immer wieder stöhnt sie, Alessia, »Ah« und immer wieder möchte er, Maxim, dass sie ihn überall berührt. Zwar ist BDSM diesmal kein Thema, aber die Schwäche von Frau James für Jungfrauen unübersehbar. Als die Defloration endlich über die Bühne ist, fragt sich die Leserin unweigerlich: Was könnte mich denn jetzt noch überraschen? Immerhin haben wir zu diesem Zeitpunkt noch die Hälfte der Geschichte vor uns.

Vorsorglich hat die Autorin also einen parallelen Handlungsstrang aufgezogen. Wahrscheinlich für all jene, die mehr Story statt Cornwallsche Groschenromanromantik brauchen. Alessia, die Putzfrau, stammt deshalb aus Albanien und ist unter falschen Versprechungen nach London gelockt worden. Als ihr bewusst wird, dass sie von nun an als Prostituierte arbeiten soll, flieht sie. Und der Leser vermutet richtig – Menschenhandel! Das gibt Ärger. Gibt es auch. Aber der hält sich so dermaßen in Grenzen, dass man ihn wirklich nicht ernst nehmen kann. Zwei osteuropäische Kriminelle, die beim Versuch, das entflohene Mädchen zurückzuholen, an einer alten Flinte scheitern. Spannung fühlt sich anders an.

Dabei hätte das Thema Menschenhandel Potenzial gehabt. Doch Frau James bügelt es ab, als ginge es um den Diebstahl von Zigaretten. Eigentlich nicht zu fassen, diese Ignoranz. Ich meine, warum denkt sie sich einen solchen Plot aus, wenn sie nicht gewillt ist, ihm Rechnung zu tragen? Und zwar so, wie es sich für eine ernsthafte, engagierte Autorin gehört? Dass sie an dieser Stelle so versagt, ist etwas, das ich ihr sehr nachtrage.

Auch Maxims angeblich »dunkles« Geheimnis, wie es im Klappentext heißt, gibt nichts her. Er hat seiner geliebten Putzfrau nämlich verschwiegen, dass er ein reicher Adliger ist. Auweia, wie böse. Daran könnte die Liebe der beiden wirklich scheitern, oder nicht? Frau James zumindest glaubt, uns das weismachen zu müssen. Bei etwa 74 % schickt sie Alessia auf die Flucht, als Maxims »dunkles« Geheimnis auffliegt. Diese Flucht dauert bis 75 %. Dann hat Mylord seine Alessia eingeholt, alles erklärt und sie zurückgewonnen. Der neuerliche Versuch der Autorin, Spannung aufzubauen, ist damit wieder mal für die Katz. Und als Leserin fühle ich mich so richtig vera…

Aber plötzlich und unerwartet geschieht dann doch noch ein Wunder. Auf den letzten Metern vorm Finale (äh, welches Finale eigentlich?) fällt der Autorin ein, dass sie die Sache mit dem Menschenhandel wohl nicht so stehen lassen kann. Was also tun? Sie könnte dem Traumpaar ja den von Alessias Vater ausgewählten Bräutigam auf den Hals schicken könnte, natürlich mit unehrenhaften Absichten. Aber nein, auch das wird nicht wirklich ein Twist. Fühlt sich eher an wie ein zu spät serviertes, fades Dessert.

Sonst noch was zu meckern? Na ja, der eingefleischte Fifty-Shades-Leser vermisst gewiss die luxuriösen Firmensitze, Partys und Privatjets und muss sich stattdessen mit schnödem Tontaubenschießen und einem Mann zufriedengeben, der wohl ein Romantiker werden sollte, aber wie ein Weichei wirkt und nicht eine Winzigkeit bad. Gott, sind wir heute wieder ironisch ;-)

Dass ich neugierig auf diese Geschichte war, mag ich am Ende fast nicht mehr glauben. Klar machen Autoren nicht jeden Tag einen solchen Wurf wie E L James damals mit »Fifty Shades of Grey«. Aber dass sie ihren neuen so dermaßen im Abseits landet?
Merke: Wie wir alle kocht sie eben auch nur mit Wasser. Und um im Bild zu bleiben – schließlich liebt Frau James Tee: Ein First Flush ist THE MISTER definitiv nicht. Eher ein Beuteltee mit einem undefinierbaren Aroma, den man in jedem Supermarkt zu kaufen kriegt.

Mein Fazit: THE MISTER von E L James ist eigentlich nicht der Rede wert (aber das hier musste nach der Lektüre raus). Kein Filmstoff und kein Grund für einen 2. Teil. Bitte bitte nicht!

PS: Übrigens – ihr dürft den Beitrag hier gern teilen und in alle Winde zerstreuen *lach

Schneemänner-Talk, das 19. Gespräch

PAUL WILL’S WISSEN

»Was hältst du davon, wenn wir sie mit in den Club nehmen?«, schlägt Paul Jacob ein paar Tage später vor. »Sie könnte Alex kennenlernen. Vielleicht ist sogar Marlena da und …«
»Bist du verrückt?« Jacob guckt böse. »Ich dachte, wir wären uns einig: Keine harten Sachen!«
»Darum geht es doch auch gar nicht. Wer sagt denn was von harten Sachen? Ich möchte nur, dass sie weiß, wohin die Reise gehen könnte, wenn sie sich auf mich einlässt.«
Der entgeisterte Blick seines besten Freundes verheißt nichts Gutes.
»Du willst Louisa allen Ernstes zum Spielen mit in den Club nehmen?«
»Wenn es sich ergibt und sie selbst möchte …«
»Nein!«, entfährt es Jacob.
»Warum nicht?«
»Weil du sie nicht mit der Nase darauf stoßen musst, was du alles mit ihr machen könntest.«
»Meinst du nicht, sie weiß das längst?«
Jacob schweigt.
»Sie schreibt Erotikromane, Jack. Sie hat über Bondage geschrieben. Und ich erinnere mich an die eine oder andere SM-Szene, die nicht von schlechten Eltern war.«
»Ausgedacht.«
»Oder selbst erlebt.«
»Glaub ich nicht.«
»Dann eben recherchiert. Es gibt genügend Zeugs auf YouTube oder einschlägigen Foren, bei dem jeder Voyeur auf seine Kosten käme. Das gilt auch und gerade für Autoren.«
»Ja und?« Jacob schnauft ungehalten.
»Ich will damit nur sagen, dass sie im Club nichts zu sehen kriegt, was sie nicht schon woandersher kennt.«
»Hast du sie gefragt?«
»Nein. Du bist derjenige, der alle ihre Bücher gelesen hat. Du hast mir erzählt, was und worüber sie schreibt. Hast mir sogar ein paar Stellen vorgelesen und zwei oder drei Titel empfohlen. Und du wirst es nicht glauben – ich hab da tatsächlich reingeschaut.«
»Ist mir nicht neu.«
»Dann weiß ich nicht, was du hast. Ihre Geschichten sagen doch alles. Außerdem …« Paul bricht ab und legt den Kopf schief. »Erinnerst du dich, womit wir sie provoziert haben, als wir sie gerade erst kennengelernt hatten?« Er wartet einen Moment, bevor er die Antwort selbst gibt: »Dass vieles in ihren Romanen erstunken und erlogen sei.« Wieder legt er eine Pause ein. »Und erinnerst du dich auch, wie sie darauf reagiert hat? … Höchst ungehalten. Sie war not amused sozusagen. Fühlte sich als Lügnerin hingestellt. So, mein Lieber, reagiert man aber nur, wenn man eine saubere Weste hat. Und eine saubere Weste bedeutet in ihrem Fall: Sie weiß wirklich, worüber sie schreibt. Bleibt nur noch herauszufinden, woher.«
»Und das ist jetzt dein Argument für diesen Clubbesuch, oder wie?«
Paul nickt. Natürlich ist es das. Liegt doch wohl auf der Hand.
Für ein paar Sekunden legt sich Schweigen zwischen sie.
»Und wie willst du das anstellen, sie dorthin zu bekommen?«, fragt Jacob schließlich.
Wird aber auch Zeit, dass er seinen Widerstand aufgibt. Warum hat er sich so? Ist doch selbst schon dort gewesen, um beim Bondage zuzuschauen.
Paul holt tief Luft und setzt eine geheimnisvolle Miene auf. »Ich dachte, wir tun es nach ihrer Lesung. Die Atmosphäre mit Matts Bildern wird sie in die richtige Stimmung versetzen.«
»Ach, hast du deine Meinung über ihn und diese gemeinsame Vernissage also geändert?«
»Hab ich nicht. Aber seine SM-Fotografien sind unbestritten mit die besten, die ich kenne.«
Jacob verschränkt die Arme vor der Brust und mustert ihn aufmerksam. »Warum nur werd ich das Gefühl nicht los, du bastelst dir die Dinge mal wieder so hin, wie sie für dich passen?«
»Weil es so ist.« Paul grinst. »Ich muss doch das Beste aus dieser beschissenen Situation herausholen.«
Der Blick seines Freundes wirkt noch immer skeptisch.
»Wie genau stellst du dir das vor? Spazieren wir einfach hinein und tun so, als wäre es das Normalste, sie in einen SM-Club mitzunehmen?«
»Heißt das, du bist dabei?«
»Das heißt, dass ich dich im Auge behalte. Auf gar keinen Fall geht ihr dort allein hin!«
Paul hebt beschwichtigend die Hand. »Entspann dich. Wir werden uns das Ganze nur anschauen.«
»Erzähl mir nichts. Ich kenn dich. Wenn du erst dort bist …«
»Nein, Jack. Versprochen. So viel Verantwortungsgefühl darfst du mir schon zutrauen. Wir gucken, trinken vielleicht was an der Bar, reden ne Runde mit Alex und verschwinden wieder.«
»Hast du auch bedacht, dass sie das vielleicht gar nicht will?«
Paul lächelt vor sich hin. »Ich hab nicht die Absicht, sie zu fragen.«
»Sondern?«
»Ich frage dich. Das muss reichen. Wenn Louisa mir vertraut, wird sie sich ohne viel Gerede darauf einlassen.«
»Dann ist das also ein verdammter Test?« Jacob schüttelt missbilligend den Kopf.
»Quatsch! Natürlich nicht. Aber auf irgendeine Weise muss ich meine Dominanz doch zeigen können. Du hast neulich selbst zu ihr gesagt, sie hätte kein Mitspracherecht, wenn es um Sex ginge. Sie solle sich daran gewöhnen, dass wir am längeren Hebel sitzen. Stimmts?« Er lächelt süffisant und fügt hinzu: »Wir sollten deinen Worten also Taten folgen lassen.«

Falls ihr jetzt fürchtet, ihr hättet was verpasst – nein, dem ist nicht so. Die Talks 11 bis 18 habe ich nicht veröffentlicht. Aus gutem Grund. Denn:

DER SCHNEEMÄNNER-TALK erscheint voraussichtlich am 6. Mai als eBook und Taschenbuch auf amazon – in deutlich erweiterter Form (insgesamt 25 Gespräche) und komplett überarbeitet (beispielsweise tragen jetzt alle Gespräche auch einen aussagekräftigen Titel).

Außerdem dürft ihr euch auf ein ungewöhnliches Cover freuen. So jedenfalls seid ihr es bisher nicht von mir gewohnt. Einen winzigen Blick darauf gewährt euch das Teaserbild zu diesem Beitrag ;-)

PS: Und nicht wundern – bis auf einen sind auch die früheren Talks vorläufig nicht verfügbar. Die stecken schon im geplanten Buch ;-)

DARK DANCERS – Sammelband mit Teil 1 und 2 erschienen

Für Freunde tiefgründiger, gefühlvoller Geschichten mit anspruchsvoller Erotik gibt es jetzt Teil 1 und 2 der DARK DANCERS Reihe als Sammelband auf amazon. Also genau das Richtige, um die langen Osterferien zu überstehen *lach

Das Besondere an dieser Ausgabe – aufgrund einiger Kommentare über die detaillierten Tagebuchaufzeichnungen von Lily habe ich diesen Teil nun spürbar gekürzt. Ich denke, die Geschichte ist dadurch noch mehr auf den Punkt gebracht und knackiger geworden. Aber überzeugt euch gern selbst ;-)

Im KU-Abo von amazon lest ihr wie gewohnt gratis. Ansonsten gilt derzeit der Einführungspreis von 2,99 € statt 6,99 €. Natürlich nur für kurze Zeit ;-)