Geschichten aus Schottland und den Highlands

Was geschieht, wenn eine Autorin auf Recherchetour für ihren neuen Roman geht? Läuft alles reibungslos? Muss sie sich Try and error beugen? Oder hebelt gar Unvorhergesehenes sämtliche Pläne aus?

Das könnt ihr nun in meinen Schottland-Geschichten nachlesen und damit mich als Autorin von einer gänzlich neuen Seite kennenlernen. Ein knappes Jahr nach der Reise erzähle ich euch nämlich eine Liebesgeschichte der anderen Art.
„Die schottische Reise. Highlander, Haggis und Heroes“ ist als Taschenbuch und eBook erschienen. Darin enthalten all die zahllosen Beobachtungen und Begegnungen abseits der Wege, die es nicht in meinen Roman geschafft haben, aber ebenfalls wert sind, erzählt zu werden. Witzig, dramatisch, gelegentlich auch ganz und gar unglaublich. Wie die Story über die Midges, die gefährlichsten Tiere Schottlands ;-)

WARUM ICH VON DEN MIDGES NICHT GEFRESSEN WURDE

’In den Highlands gibt’s jede Menge Mücken’, hatte ich gelesen. Horrorgeschichten von winzigen Viechern, die das Atmen schwer machen, einem überall hin kriechen und überhaupt den ganzen Urlaub vergällen, obendrauf. Aber nicht mit mir, dachte ich. Ich würde vorbereitet sein. Für die Planung unserer Reiseroute wollte ich das berücksichtigen.
„Wir umrunden Schottland im Uhrzeigersinn“, erklärte ich Willy.
Er guckte komisch.
„Damit uns die Mücken nicht kriegen!“, fügte ich hinzu. „Ende Mai Anfang Juni haben die Hochzeit. Wenn wir also erst in die Highlands fahren, sind wir wieder weg, wenn sie kommen.“
Sein noch immer ungläubiger Blick sagte alles, nämlich: Die hat sie nicht mehr alle. War mir aber egal. Hauptsache, ich musste mich nicht stechen lassen.

Als Nächstes suchte ich im Internet nach Hinweisen, wie den Plagegeistern beizukommen sei. Mückenspray schloss ich aus. Zu viel Chemie. Klebt eklig, besonders wenn’s warm ist. Und dann das Zeug vielleicht noch ins Gesicht sprühen? Nee, auf gar keinen Fall! Irgendwann stieß ich auf das Foto eines Mannes mit Hut und Moskitonetz und wusste: Das ist es! So was wollte ich auch.
Nur, wenn man sich erst mal richtig auf die Suche macht, ist ein Moskitonetz nicht das Einzige, was man findet. Wie wär’s beispielsweise mit einer G-1000-Hose? Wasserabweisender Stoff hält wohl auch Moskitostiche ab. Irgendwo jedenfalls stand das. Kurzentschlossen bestellte ich mir das Teil. Und ärgerte mich nebenbei, dass ich nur eine dunkle Jacke besaß, wo doch eher helle Kleidung die Plagegeister fern halten sollte. Eigentlich könnte ich ja noch …
Ich dachte plötzlich nur noch in Moskito-Dimensionen. Willy kam aus dem Lachen nicht mehr raus.
Finster machte ich ein Foto: Ich mit Hut und Moskitonetz.
„Du siehst zum Fürchten aus“, schrieb meine Freundin.
Na bitte. War doch genau, was ich wollte! Blieb nur zu hoffen, dass auch die Midges merkten, dass ich ihnen den Kampf angesagt hatte.

Kurz vor der Abreise eine kleine Panikattacke. Die Mücken-App, ich konnte sie nicht downloaden. Wie sollte ich denn nun wissen, wann es wo zum Midges-Count-down kommen würde?
„Sowieso egal“, meinte Willy. „Alle Unterkünfte sind gebucht. Du wirst ja wohl wegen der Mücken nicht spontan umbuchen wollen.“
Ich warf ihm einen Blick zu, der ihm deutlich machte: Ich würde. Kopfschüttelnd ließ er mich stehen.

Dann endlich Schottland. Bereits im Mai sommerlich warm. Aber windig. Kein Mückenwetter. Auch eine Woche später noch nicht. Den Hut trug ich inzwischen beim Wandern, nicht gegen Mücken, wohl aber gegen Sonnenstiche. Wirklich empfehlenswert.
In der zweiten Woche die nördlichen Highlands. Tief drinnen. Kalt. Kein Mückenwetter. Der Hut wanderte auf die Hutablage. Das Moskitonetz hatte ich noch nicht ein einziges Mal ausgepackt.
Schließlich die Ostküste. Vergeblich wartete ich auf dichte Mückenschwärme. Meine G-1000-Hose, die nicht nur Regen und Wind sondern auch Mückenstiche abhalten sollte, schlummerte mittlerweile im Koffer. Sie war mir schlicht zu weit geworden.
Als wir in der dritten Woche unser Quartier in den Cairngorms bezogen, in unmittelbarer Flussnähe, war ich allerdings sicher: Jetzt aber! Lange Wanderung am Wasser entlang, warm, feuchte Wiesen. Die kommen, die Midges. Siegessicher schob ich mein Moskitonetz in die Tasche. Doch ihr ahnt es – wieder nichts.

Ehrlich, ich gab mir Mühe. Ließ keine Ecke aus, die nicht wenigstens ansatzweise mückenfreundlich war. Aber sie kamen einfach nicht. Und mein ganzes schönes Equipment – es war so was von für die Katz!
„Siehste“, sagte Willy, als wir in Newcastle auf die Fähre gen Heimat gingen und ich meinem Mückenschutzprogramm nicht mehr die geringste Aufmerksamkeit schenkte. „Hättest du dir alles sparen können.“
Hätte ich. Ohne Zweifel. Denn die Midges lauerten ganz woanders …

Zu Hause, auf einer schnöden Radtour an einem unspektakulären Flüsschen entlang, fielen sie nur wenige Tage später über uns her. Ich hatte weder meine G-1000-Hose an, noch trug ich Hut und Moskitonetz. Nicht mal eine Sonnenbrille. Die konnte ich in der Dämmerung vergessen. Ich hätte doch gar nichts gesehen.
Aber die verdammten Viecher waren überall. Ich konnte knapp atmen, nicht sprechen und sobald ich anhielt, weil mir eine Mücke ins Auge geflogen war, fraßen sie mich.

Von wegen ’In den Highlands gibt’s jede Menge Midges’! Sie sind hier, direkt unter uns. Und ich höre schon wieder eine an meinem Ohr sirren …

aus DIE SCHOTTISCHE REISE. Highlander, Haggis und Heroes. Als Taschenbuch und eBook auf amazon erhältlich.

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